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Beitrag vom 08.02.2009
The International
Tatjana Zilg
Tom Tykwer, einer der erfolgreichsten Regisseure der deutschen Filmwirtschaft, bewegt sich mit der amerikanisch-deutschen Co-Produktion stilsicher im Genre Polit-Thriller. Unvorhergesehen eilte ...
... er dabei dem aktuellen Weltgeschehen voraus: Leitmotiv seines Filmes ist die Verstrickung einer Internationalen Bank in globale politische Interessen.
Dieter Kosslick betonte stolz: Mit der Wahl von "The International" zum Eröffnungsfilm trifft Fiktion auf Realität, ohne dass dies zum Zeitpunkt der Entscheidung vorhersehbar war. Nicht nur der Eröffnungsfilm, sondern auch viele der anderen Spielfilme der 59. Berlinale seien auf eine neue Art dokumentarisch angelegt.
Das weckt mitunter falsche Erwartungen an "The International". Tatsächlich beschäftigt sich der Film nicht mit Immobilenkrediten (die als Hauptursache für die gegenwärtige Finanzkrise gelten), sondern es geht knallharter zur Sache: Die Bank, deren dunkle Machenschaften der Auslöser für den Plot des Thrillers sind, betreibt die Kreditvergabe an potentielle Putschisten in Entwicklungsländern oder an Machthaber in den Krisengebieten des Nahen Osten zum Zwecke der Aufrüstung mit High Tech - Waffen. Die notwendigen Kontakte zu Raketen-Fabrikanten vermittelt die Bank gleich mit. Dies sind nicht unbedingt brandneue Themen, Waffenexporte wurden schon öfter im Genre thematisiert und auch die Machenschaften der Weltbank fanden bereits Eingang ins Kino. Bei Tykwer geht es jedoch um eine Privatbank, die ihren Sitz in einem streng bewachten, futuristisch ausgestatteten Gebäude in Luxemburg hat. Der Interpol-Agent Louis Salinger (Clive Owen) versucht der "IBBC"-Bank schon seit Jahren kriminelle Strukturen nachzuweisen, wird aber von seinen Vorgesetzten immer wieder abgeschmettert. Ursprünglich dem Scotland-Yard zugeordnet, arbeitet er nun unter dem Dach des Interpols gemeinsam mit der Staatsanwältin Eleanor Whitman (Naomi Watts) an Recherchen über die IBBC.
Beide Charaktere werden differenziert dargestellt. Dennoch erschien zur Weltpremiere am Potsdamer Platz nur eine Männerriege. Naomi Watts wurde vor kurzem zum zweiten Mal Mutter und blieb deshalb in den USA. Auch im Film ist sie Mutter eines Sohnes kurz vor dem Teenager-Alter. Möglicherweise agiert Eleanor Whitman deshalb vernünftiger und besonnener als ihr zorniger Kollege. Salinger musste bereits mehrfach erleben, wie die Bank vor Morden nicht zurückschreckt, dies aber geschickt verdeckt und offensichtlich darin von staatlichen Stellen in aller Welt unterstützt wird.
Tom Tykwer bezeichnet Korruption, den Verlust von Moralvorstellungen, internationale Machtspiele, die Frage von Schuld und Verantwortung und die Sehnsucht nach Gerechtigkeit als Hauptmotive von "The International". Die Bankkrise an sich sollte nicht zu sehr in Verbindung mit dem Film gebracht werden, wobei der Bezug zur Realität eindeutig vorhanden sei und der Film durch die Überzeichnung der Konflikte zu einer veränderten Wahrnehmung des gegenwärtigen Weltgeschehens führen könnte.
Die Machenschaften der Bank erhalten ihre Personifizierung mit dem Manager und Gegenspieler Salinger´s, Jonas Skarssen (Ulrich Thomsen): Zunächst unerreichbar weit entfernt, bis sich Interpol-Agent und Banker ohne jeglichen Begleitschutz Auge in Auge gegenüberstehen.
Einen weiteren "Bösewicht" spielt die deutsche Schauspiel-Legende Armin Mueller-Stahl. Er ist Skarssen´s Berater Wilhelm Wexler, der durch seine Gewissenskonflikte wesentlich zur Auflösung des Falls beitragen wird - wobei die Auflösung nur vorläufig sein wird, denn es wird kein Zweifel daran gelassen, dass die Ursachen der Konflikte nicht in einzelnen Persönlichkeiten liegen, sondern in Strukturen. Unter anderem verursacht durch die gegenwärtige Lage der Globaliserung. So erhalten die "Bösewichte" kontrastreiche Farbgebungen, sie werden auch in ihren weichen Seiten gezeigt und es gibt Momente der Annäherung zwischen den Gegenspielern.
Einer der Höhepunkte des Films - im Vorfeld in der Presse schon oft beschrieben - ist eine Szene im Inneren des Rundbau des New Yorker Guggenheim Museums, das hierfür in den Filmstudios Babelsberg nachgebaut wurde. Moderne Video-Kunst und Fiktion fliessen ineinander und erzeugen nervkitzelnde visuelle Effekte: Während es zu einem ersten größeren Showdown kommt, laufen im Hintergrund die Video-Sequenzen einer Installation von Julian Rosenfeldt, die Aufnahmen aus allen Teilen der Welt einbindet. Dramaturgisch äußerst gelungen, weshalb Tykwer hofft, dass diese Stelle nicht so oft zitiert wird, dass dadurch die restlichen Settings des Films außer Acht geraten.
Dies ist aber eher unwahrscheinlich, denn die Drehorte machen dem Filmtitel alle Ehre, führen von Berlin nach New York, nach Mailand und nach Istanbul, wo die Suleymaniye Moschee zum ersten Mal der Drehort eines High Budget-Films wurde.
AVIVA-Tipp: Tom Tykwer sagt, sein Film sollte in erster Linie ein packender Thriller werden. Dass er die Erzeugung von Spannung meisterhaft beherrscht, ohne dass seine Filmsprache dadurch an anderen Qualitäten verliert, bewies er zuvor unter anderem mit "Lola rennt" und "Das Parfum" - beides Filme, die mittlerweile Kultstatus erreicht haben.
Mit "The International" gestaltete er einen Thriller, der den klassischen Aufbau dieses Genres nutzt, um in die dunklen Seiten der Finanzwirtschaft einzudringen und die ZuschauerInnen beim atemberaubenden Kampf eines HeldInnen-Duos gegen die Drahtzieher mitfiebern zu lassen. Dabei gibt es auch einige Dialoge, die Gedankenanstöße zur Reflektion der gegenwärtigen Krise bieten.
The International
USA, Deutschland
Regie: Tom Tykwer
Buch: Eric Warren Singer
Lauflänge: 118 Minuten
DarstellerInnen: Clive Owen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thomsen
Verleih: Columbia
Kinostart: 12.02.2009
Mehr Infos unter
www.theinternational-derfilm.de